Wirtschaftsbeirat der Union e.V. (WBU)

 

 

 

„Sehr verehrter Herr Kommerzienrat,

in der Anlage übersende ich Ihnen eine Einladung zur Bildung eines Wirtschaftsbeirates der CSU...Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in der vorgesehenen Gründungssitzung und im Wirtschaftsbeirat selbst bis zu dessen Konstituierung durch die Wahl der Mitglieder den Vorsitz übernehmen würden...Mit der Bitte um Ihre gütige Mitwirkung und besten Grüßen bin ich Ihr Dr. Josef Müller.“
(ACSP, NL Müller Josef C : 79)

Mit dieser Einladung versammelten der CSU-Vorsitzende Dr. Josef Müller und sein Mitarbeiter in der Landesgeschäftsstelle der CSU, Dr. Otto Schwink, am 14. Juni 1948 die angesehenen Wirtschaftsexperten und Unternehmer Ludwig Blum, Dr. Georg Haindl, Dr. Otto Hellmann, Franz Liedig, Otto Ranz, Johann Rothirsch, Hans Schwägerl, Dr. Franz Steffan und Dipl. Ing. Ludwig Woerner in der Privatwohnung von Dr. Otto Schwink. Der Augsburger Papierfabrikant Dr. Georg Haindl leitete dort nicht nur die erste Zusammenkunft, sondern stand dem Wirtschaftsbeirat der Union e.V. dann weitere 22 Jahre vor.

1948 befand sich Deutschland wirtschaftspolitisch an einem Wendepunkt. Die Währungsreform stand unmittelbar bevor, die Arbeitslosigkeit hatte stark zugenommen, wegen Kreditnot waren notwendige Investitionen gefährdet, die Versorgungslage der Bevölkerung war kritisch. Das Vertrauen in staatliche Institutionen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage war nicht mehr besonders groß. War die Zeit schon reif für die Soziale Marktwirtschaft?

Im Januar 1946 wurden die Arbeitsausschüsse der CSU gebildet. Dem Wirtschaftspolitischen Ausschuss fiel die Aufgabe zu, ein Sachprogramm auszuarbeiten, zu Wirtschaftsproblemen Stellung zunehmen und mit Kreisen der Wirtschaft Kontakt zu halten. Auf dem CSU-Landesausschuss am 6. September 1946 prognostizierte Dr. Johannes Semler, der Leiter des Wirtschaftpolitischen Ausschusses der CSU: „... und 20 Jahre werden wir ganz bestimmt eine Planwirtschaft brauchen, auch wir, die wir den Grundsatz der staatlichen Planwirtschaft ablehnen.“ Die vorgesehene Umwandlung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses in eine Arbeitsgemeinschaft des Handels, Handwerks, Gewerbes und der Industrie blieb in Ansätzen stecken. Ebenso wie sich die Soziale Marktwirtschaft vom Staat und den Parteien emanzipierte, zeigte sich, dass der Wirtschaftspolitische Ausschuss als institutionelle Arbeitsgemeinschaft der CSU nicht die Erwartungen erfüllen konnte, da die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik eines weiter ausgreifenden Rahmens bedurfte.

So setzte sich die Idee von Dr. Josef Müller durch, die wirtschaftenden und der Union nahestehenden Menschen in Bayern zu sammeln und zur Mitarbeit an der bayerischen, deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik zu bewegen. Festgehalten ist dies in dem oben zitierten Brief, den er am 10. Mai 1948 an Dr. Georg Haindl schrieb: „Ich habe absichtlich die Zugehörigkeit zum Wirtschaftsbeirat nicht von der Mitgliedschaft bei der Partei abhängig gemacht...“ Und viele bedeutende Ökonomen waren gerne bereit unter einer christlich-sozialen Prämisse Wiederaufbauarbeit zu leisten, ohne sich parteipolitisch binden zu müssen.

Vorsitzende