Dr. Mathilde Berghofer-Weichner (1931-2008)

von Ursula Männle

„Sie ist der einzige Mann in der Regierung“, so ist ein Spruch über Dr. Mathilde Berghofer-Weichner von Kabinettskollegen überliefert. Diese Worte sollten als Kompliment verstanden werden. Sie selbst handelte in allen Positionen nach den ihr wichtigen vier Grundsätzen: Selbstbewusstsein, Gelassenheit, Entschiedenheit für eine Sache, einschließlich des damit verbundenen Risikos und Mut, die eigene Entscheidung anderen gegenüber zu vertreten. Dies verstand sie jedoch nicht als männlich – vielmehr war sie eine eigenständige und starke Frau.

Geboren 1931 in München, verbrachte sie die ersten Jahre ihres Lebens dort, bis der Krieg ihre Eltern zwang, die Stadt zu verlassen. Sie wurden 1944 ausgebombt und zogen in ihr Gartenhaus in Stockdorf. Ihr Abitur machte sie demnach im Gymnasium in Gräfelfing als eines der wenigen Mädchen an einer Bubenschule. Die Erfahrungen dort bezeichnete sie als wichtige Voraussetzung für ihren späteren Lebensweg. Sie studierte in München Jura, promovierte und trat in den Staatsdienst ein. Stationen waren u.a. Staatsanwältin oder Beamtin im Kultusministerium. Politik faszinierte sie, sie wurde Mitglied der CSU, kandidierte bereits mit 25 Jahren für den Gemeinderat und gewann. Sie engagierte sich an der Basis, war aber auch überregional im Bundesvorstand der Jungen Union tätig. Schon dort organisierte und koordinierte sie die wenigen jungen Frauen. Sie ermutigte sie, in der Partei und Frauen-Union aktiv zu werden und förderte sie auch. Als die CSU 1968 die Position einer stellvertretenden Parteivorsitzenden schuf, trat sie an und wurde mit Unterstützung der jüngeren Frauen gewählt. Dieser Erfolg veranlasste sie, sich zwei Jahre später um ein Listenmandat bei der Landtagswahl zu bewerben. Die Partei versagte zwar ihrer stellvertretenden Parteivorsitzenden einen Spitzenplatz, dennoch gewann sie das Mandat. Bereits hier zeigte sich die Frauensolidarität, aber auch ihr Einsatz für die Belange der Bürgerinnen und Bürger, deren Probleme sie vor allem durch ihr kommunalpolitisches Engagement sehr gut kannte und beharrlich vertrat, wurde gewürdigt.

Die Zeit war reif für Frauen in der Politik: Frau Dr. Berghofer-Weichner wurde Staatssekretärin im Kultusministerium und 1986 (!) die erste Ministerin in einem bayerischen Kabinett und dies im klassischen Justizressort. Zwei Jahre später ernannte man sie zur stellvertretenden Ministerpräsidentin. Wieder ein Erfolg, aber sie gab sich damit nicht zufrieden. Die Erhöhung der Repräsentanz von Frauen auf allen Ebenen der Politik war ihr erklärtes Ziel. Sie sollte nicht Alibifrau sein, sondern Vorbild und Wegbereiterin für viele andere.  Beharrlich forderte sie Direktmandate für Frauen und motivierte Frauen zur Kandidatur. Zunächst glaubte sie an Überzeugungskraft und Einsicht und wollte auf Quotenregelungen verzichten. Die Realität ließ sie aber ihre Meinung  ändern.

Dr. Mathilde Berghofer-Weichner prägte nachhaltig die Rechtspolitik. Politik für Frauen war für sie jedoch kein Randthema, sondern integrierter Bestandteil jedes Politikfeldes. Und sie erhob deutlich ihre Stimme, wenn sie dies voranbringen wollte. Es ließen sich viele Beispiele finden, so im Namensrecht und Sexualstrafrecht. Aber auch in ihrem Amt als Ministerin vergaß sie die konkrete Frauenförderung nicht. Sie kannte viele engagierte Juristinnen und positionierte sie in Aufstiegsämter. In ihre Amtszeit fiel die Berufung der ersten Verfassungsgerichtspräsidentin in Bayern.

Frühzeitig hatte Frau Dr. Berghofer-Weichner angekündigt, nicht mehr für den bayerischen Landtag zu kandidieren.  Schwer traf sie, bei dem vorzeitigen Regierungswechsel 1993 nicht mehr in das Kabinett berufen worden zu sein. Die Frauen der CSU hatten eine wichtige Unterstützerin verloren, aber sie blieb auch ohne Amt ihren Grundsätzen treu und schwieg nicht.

So sehr sie männliche Politiker mit ihrem Mantra der Frauenförderung nervte, alle schätzten ihren Sachverstand, ihr abgewogenes Urteil und ihre Grundsatztreue. Daneben konnte sie herrlich lachen, auch über sich selbst. In Erinnerung bleibt sie als unbestechliche Kämpferin und als DIE starke Frau in der CSU.

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