"Vierter Stamm"

06.06.1954

Als am Ende des Zweiten Weltkrieges die sudetendeutsche Volksgruppe aus ihrer Heimat vertrieben wird, finden viele Angehörige dieser Volksgruppe in Bayern ein neues Zuhause. Insbesondere die hohe Anzahl an von Sudetendeutschen gegründeten Handwerksbetrieben und Unternehmen leisten in den Folgejahren einen beachtlichen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung Bayerns. Die Sudetendeutschen entwickeln sich dabei neben Altbayern, Franken und Schwaben rasch zum „vierten Stamm“ Bayerns. Am 6. Juni 1954 verkündet der damalige Bayerische Ministerpräsident Hans Ehard, dass der Freistaat Bayern die Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe übernimmt. Diese Schirmherrschaft bezieht sich damit nicht nur auf die in Bayern lebenden Sudetendeutschen, sondern umfasst den gesamten sudetendeutschen Volksstamm.

Diese Schirmherrschaft wird am 7. November 1962 in einer Urkunde besiegelt. Anlässlich des 50. Jahrestags der Übergabe dieser Urkunde an Vertreter der sudetendeutschen Volksgruppe bekräftigt Horst Seehofer als Bayerischer Ministerpräsident im Jahr 2012, dass mit dem darin enthaltenen Satz „Die Bayerische Staatsregierung betrachtet die sudetendeutsche Volksgruppe als einen Stamm unter den Volksstämmen Bayerns.“ neben der Schirmherrschaft Bayerns v.a. die „gleichberechtigt[e]“ Stellung der Sudetendeutschen als „vierte[r] Stamm in Bayern“ zum Ausdruck gebracht wurde.
(Rede von Horst Seehofer, in: ACSP, PS I Seehofer RS 2012: 1107)