Währungsreform am 20. Juni 1948

20.06.1948

Eines der zentralen Probleme des deutschen Wiederaufbaus stellte das marode Währungssystem dar. Das NS-Regime griff bei der Finanzierung seiner Rüstungsausgaben u.a. auf die Notenpresse zurück. Zugleich war die Reichsbank angehalten, Kredite an das NS-Regime auszuzahlen. Beides führte zu einer massiven Erhöhung der Geldmenge, die einem sich immer stärker reduzierenden Angebot an Konsumgütern und Lebensmitteln gegenüberstand. Die nach Kriegsende sich langsam entwickelnde Industrieproduktion konnte die Nachfrage, die sich durch aufgezehrte Vorräte und den Zustrom von Millionen Vertriebenen signifikant erhöhte, in keiner Weise bedienen. Die Schere zwischen dem nominalen Wert der Reichsmark und ihrer Kaufkraft klaffte damit immer weiter auseinander. Im vom Außenhandel weitgehend ausgeschlossenen Deutschland dominierten infolgedessen der Schwarzmarkt, der Warentausch, die Hortung von Waren und Hamsterfahrten.

Pläne für eine Währungsreform bestanden bei der amerikanischen Militärregierung bereits seit 1946. Differenzen unter den vier Besatzungsmächten über die Durchführung der Reform verhinderten jedoch eine schnellere Umsetzung. Eine Einigung war insofern essentiell, da separat in den jeweiligen Zonen realisierte Währungsreformen zu einer Zerstückelung und damit zu einer mehrfache Teilung Deutschlands geführt hätten. Während die Westalliierten 1948 einen Konsens erzielten, konnte sich v.a. die USA mit der Sowjetunion, der aus amerikanischer Einschätzung nicht an einer wirtschaftlichen Erholung Deutschlands gelegen war, bei zentralen Punkten nicht einigen. Dies betraf z.B. die Fragen, wo das Geld gedruckt oder wie das Geld an die Bürger verteilt werden sollte. Zwischen dem 20. April und dem 8. Juni 1948 setzten westalliierte Finanzexperten Mitglieder des Frankfurter Wirtschaftsrates über die Inhalte der geplanten Währungsreform in Kenntnis. Die Aufgabe der deutschen Vertreter bestand bei diesem, bis zum Schluss geheim gehaltenen Treffen auf einem US-Militärflugplatz bei Kassel, dem sog. „Konklave in Rothwesten“, v.a. in formellen, gesetzestechnischen Hilfsarbeiten.

Die deutsche Öffentlichkeit wurde am 18. Juni über die zwei Tage später in Kraft tretende Währungsreform informiert. Die Banknoten der neuen Währung „Deutsche Mark“ wurden bereits seit Herbst 1947 in den USA gedruckt und in der ehemaligen Reichsbank in Frankfurt eingelagert. Am 20. Juni war es jedem westdeutschen Bürger möglich, an den staatlichen Ausgabestellen, z.B. den Rathäusern, 60 Reichsmark gegen 60 Deutsche Mark umzutauschen, wobei 40 Mark sofort, weitere 20 Mark im August ausgezahlt wurden. Die Deutsche Mark war ab 21. Juni anstelle der Reichsmark gültig.

Gleichzeitig wurden die Verbindlichkeiten des Reichs aufgehoben, private Schulden im Verhältnis zehn zu eins abgewertet. Auf Sparguthaben wurde eine Umtauschrelation von 100 zu 6,5 angewendet, wohingegen laufende Zahlungen wie Mieten, Löhne oder Pensionen eins zu eins weiterbezahlt wurden.

Waren diese Maßnahmen insbesondere für Sparer mit schmerzhaften Einschnitten verbunden, so führten sie zugleich zu einer Wiederbelebung der westdeutschen Wirtschaft. Durch die starke Abwertung der Reichsmark reduzierte sich die Geldmenge, die ursprünglichen Funktionen des Geldes griffen wieder, die Preisstruktur glich sich den realen Verhältnissen an und die Geldumlaufgeschwindigkeit stieg rapide an. Statt ihre Waren aufgrund der Wertlosigkeit der Reichsmark zurückzuhalten, boten Händler diese nun zum Verkauf an, Konsumenten investierten ihr Startkapital angesichts des über Jahre aufgestauten Konsumbedarfs umgehend in Produkte und die Aufträge für das produzierende Gewerbe erhöhten sich. Für Unternehmer und Konsumenten lohnte sich nun wieder die Orientierung am finanziellen Gewinn, während das Tauschgeschäft verschwand.

Auf deutscher Seite wurde die Währungsreform von Ludwig Erhard maßgeblich begleitet. Als Direktor für Verwaltung und Wirtschaft war er für die Wirtschaftspolitik im westlichen Besatzungsgebiet verantwortlich. In dieser Funktion beendete er weitestgehend die Zwangsbewirtschaftung und die Preisbindung und stellte so die freie Marktregulierung sicher. Die anfängliche Zuversicht, die die westdeutsche Bevölkerung nach der Währungsreform erfasste, war jedoch nur von kurzer Dauer. Trotz einer raschen Zunahme der Produktion konnte die hohe Nachfrage immer noch nicht ausreichend befriedigt werden, was erneut Preissteigerungen nach sich zog. Notwendige Rationalisierungsmaßnahmen der Wirtschaft trugen darüber hinaus entscheidend zu mehr als einer Verdopplung der Arbeitslosenzahlen zwischen Juni 1948 und Januar 1949 im ohnehin überhitzten Arbeitsmarkt bei. Die Preissteigerungen konnten jedoch ab Dezember 1948 auch mithilfe des Marshallplanes, der u.a. günstige Rohstofflieferungen an die westdeutsche Wirtschaft ermöglichte, langsam wieder abgemildert werden.

Die Sowjetunion reagierte hingegen mit einer eigenen, wenig wirkungsvollen Währungsreform am 23. Juni 1948 in ihrer Besatzungszone und der Berlin-Blockade, die die Westalliierten jedoch durch die Versorgung Westberlins über den Luftweg scheitern ließen. Die Währungsreform machte die Teilung Deutschlands somit auch auf währungspolitischer Ebene deutlich sichtbar und verfestigte sie. Durch die Etablierung eines stabilen, funktionierenden Währungssystems nach marktwirtschaftlichen Prinzipien schuf sie aber eine wesentliche Voraussetzung für die Wiedereingliederung Westdeutschlands in den Weltmarkt. Darüber hinaus bildete sie eine der notwendigen Rahmenbedingungen, innerhalb derer das spätere Wirtschaftswunder entstehen und sich entwickeln konnte. Wie die beiden Karikaturen zum 30. Jahrestag der Währungsreform illustrieren, konnte die westdeutsche Bevölkerung auch dank der Währungsreform den Mangel der Nachkriegsjahre überwinden und sich ein Leben in Wohlstand aufbauen.

 

Literatur:

  • Benz, Wolfgang: Die Gründung der Bundesrepublik. Von der Bizone zum souveränen Staat (Deutsche Geschichte der neuesten Zeit, Bd. 23), München 1984.
  • Buchheim, Christian: Die Währungsreform in Westdeutschland im Jahre 1948. Einige ökonomische Aspekte, in: Wolfram Fischer (Hrsg.), Währungsreform und Soziale Marktwirtschaft. Erfahrungen und Perspektiven nach 40 Jahren. Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik Gesellschaft für Wirtschaft und Sozialwissenschaften in Freiburg i. Br. 1988 (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 190), Berlin 1989, S. 391-402.
  • Götschmann, Dirk: Wirtschaftsgeschichte Bayerns: 19. und 20. Jahrhundert, Regensburg 2010.
  • Willenborg, Karl-Heinz: Das neue Geld. Die Währungsreform und ihre wirtschaftlichen Folgen, in: Jürgen Weber (Hrsg.), Der Bauplan für die Republik. Das Jahr 1948 in der deutschen Nachkriegsgeschichte, München/Landsberg am Lech 1996, S. 175-200.


Autor: Stefan Obermeier