Ernst Hinsken – Bayerwald-Turbo oder der Mann mit der roten Laterne

von Katharina Köhn

Am 21. Februar 2002 präsentierte der damalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) den anwesenden Mitgliedern des Bundestags den Jahreswirtschaftsbericht. Die Unterbrechung für eine Zwischenfrage nutzte Ernst Hinsken, um eine rote Laterne an die Regierungsbank bzw. Gerhard Schröder als Bundeskanzler zu überreichen. Schließlich wäre die rote Laterne das Schlusslicht an Zügen und Deutschland unter der damaligen Regierung das wirtschaftliche Schlusslicht in Europa. Angenommen wurde sein Geschenk von der Regierungsbank nicht, doch schaffte es der Einsatz von der Ernst Hinsken in die bundesweite Berichterstattung und die Laterne ins Haus der Geschichte in Bonn. Die Rüge des damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse ging dabei etwas unter.
Für einen bewegenden Moment im Deutschen Bundestag sorgte Ernst Hinsken hingegen am 9. November 1989. Als die Nachricht vom Fall der Berliner Mauer den Sitzungssaal erreichte und er gemeinsam mit zwei Politikern der CDU die Nationalhymne anstimmte.

Für den Wahlkreis Straubing saß Ernst Hinsken über dreißig Jahre als Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Trotz der räumlichen Entfernung war ihm der Kontakt und das Engagement für seinen Wahlkreis wichtig. Er führte in Bonn und später in Berlin das weiter, was er 1972 als Kreisrat begonnen hatte, nämlich seine Heimatregion wirtschaftlich voranzubringen, denn die Wirtschaft und der Mittelstand waren für den Bäckermeister aus Plattling immer ein Thema. Seine Mitarbeit im elterlichen Bäckereibetrieb war ein reicher Erfahrungsschatz aus dem er schöpfen konnte und ihn glaubhaft machte in seinem Engagement. Er engagierte sich in wirtschaftspolitischen Gremien zunächst auf kommunaler Ebene und mit dem Wechsel in den Bundestag u.a. als Vorsitzender des Unterausschusses "Regionale Wirtschaftspolitik". So stand er einer Liberalisierung der Ladenschlusszeiten mit Blick auf Personaleinsatz und anderen Kostenfaktoren deren Folgen für den Mittelstand eher kritisch gegenüber. Entschieden setzte er sich bei der Novellierung der Handwerksordnung für den Erhalt des Meisterbriefes ein. Auf seinen Goldenen Ehrenring des Deutschen Handwerks war er stolz und zeigte ihn gern.

„Du bist der klassische Mittelständler, du bist Handwerksmeister und du weißt, wie man ansetzen muss. Praktiker wie dich braucht man im Parlament, nicht nur Theoretiker.“1 Soll Franz Josef Strauß einmal zu ihm gesagt haben.

In seiner Funktion als Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus warb er offensiv für die vermeintlich weniger touristisch attraktiven Regionen Deutschlands. So gelang es ihm 2008 Angela Merkel und Nicolas Sarkozy für einen deutsch-französischen Gipfel nach Straubing zu locken. Von ihm kam der Impuls für die sogenannte Glasstraße, die durch den Bayerischen Wald führt und die Aufmerksamkeit auf die Glaszentren in Bayern lenken soll. Die Umtriebigkeit für seine Heimatregion brachte ihm den Zusatz „Bayerwald-Turbo“ ein.
 

Seine Beharrlichkeit, von manchen Wegbegleitern auch als positive Sturheit beschrieben, wurde geschätzt. Als bodenständig, geradlinig und zuverlässig wird er in den vielen Nachrufen anlässlich seines Todes am 30. August 2020 beschrieben. Offen und zugänglich seinem Gegenüber sei er gewesen und habe stets den richtigen Ton getroffen. Den Menschen in seiner Heimat bleibt er als ihr Sprachrohr in Bonn und Berlin, sowie als sozial engagierter Mensch in Erinnerung, der lieber im Stillen als im Blitzlichtgewitter half.

1https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2013/45640353_wege_aus_politik_hinsken-213046

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