29.11.2022
Es gehört zum Selbstverständnis der CSU als erfolgreichster Partei nach 1945, die Geschichte nach inzwischen mehr als 75 Jahren auch in einen heimatbezogenen Zusammenhang zu stellen. Die CSU-Historie der ehemaligen Landkreise Neustadt, Scheinfeld und Uffenheim und des neuformierten Landkreises Neustadt a.d. Aisch – Bad Windsheim ist insofern von Bedeutung, wenngleich Nachfolgendes nur einen Bruchteil dessen widergeben kann, was seit Ende 1945 in dieser Region gestaltet werden konnte.
Für diejenigen, die sich nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges politisch engagierten, stand auch im heutigen Landkreis Neustadt a.d. Aisch – Bad Windsheim im Zentrum der Überlegungen, beim Aufbau eines freiheitlichen Gesellschaftssystems mithelfen zu wollen. Waren es zu Beginn vor allem Geistliche, die zur Gründung einer christlichen Partei aufriefen, stießen nach „Einheimischen“ später auch viele Heimatvertriebene zur CSU.
Überregional haben auch Parteivertreter dieses Landkreises dazu beigetragen, dass die CSU die deutsche Nachkriegsgeschichte maßgeblich mitgestaltet hat – von der Einführung der Sozialen Marktwirtschaft über die Integration der Bundesrepublik in die westliche Wertegemeinschaft bis hin zur Schaffung der Einheit Deutschlands.
Auf Initiative von Geistlichen fand die faktische Gründung der CSU im Altlandkreis Neustadt a.d. Aisch bereits im Dezember 1945 im Beisein des späteren Bundespolitikers Dr. Werner Dollinger statt. Horst Erny, später Erster Bürgermeister und Bezirksrat, war mit 17 Jahren als vermutlich jüngstes CSU-Mitglied mit dabei. Die Genehmigung der örtlichen Militärregierung wurde am 15. Januar 1946 erteilt, nachdem der „einwandfreie Leumund“ der Gründer festgestellt worden war. Erste Erfolge gab es bei der Kreistagswahl am 28. April 1946.
Viele Ortsverbände, ihre Vorsitzenden und Mitstreiter, leisten beispielgebende Arbeit. Legendär waren jeweils am 17. Juni, dem früheren „Tag der deutschen Einheit“, die Grillfeste am Eichenhain bei Humprechtsau, die Neujahrsbälle der Neustädter CSU, die Partnerschaften der Emskirchner mit der CDU und nach Sachsen und Berlin. Als herausragend sei das „Drei-Franken-Treffen“ genannt, welches 1992 vom CSU-Ortsverband Burghaslach ins Leben gerufen wurde und noch heute als Gemeinschaftsveranstaltung mit den Bezirksverbänden Ober-, Mittel- und Unterfranken am Drei-Franken-Stein stattfindet.
Im November 2022 zählt die CSU im Kreisverband Neustadt a.d. Aisch – Bad Windsheim und den Ortsverbänden 1.197 Mitglieder. Es gibt zahlreiche aktive Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise, wie beispielsweise die Frauen-Union (211 Mitglieder), die Junge Union (82 Mitglieder), die Senioren-Union (104 Mitglieder), die Kommunalpolitische Vereinigung (177 Mitglieder) oder die Arbeitsgemeinschaft Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit 58 Mitgliedern. Weitere 98 Parteifreunde sind in der Mittelstands-Union, im Außen- und Sicherheitspoltischen Arbeitskreis und weiteren Fachgremien tätig.
Seit 1952 gibt es eine parlamentarische Versammlung auf europäischer Ebene, seit 1979 wird diese direkt von den EU-Bürgern gewählt. Seither betreuten und betreuen unsere Region zunächst Dr. Ingo Friedrich, dann Martin Kasteler, Monika Hohlmeier und aktuell die ehemalige Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler.
Immer wieder wurden die Bundestagswahlkreise neu zugeschnitten. 1949 zog beispielsweise Friedrich Bauereisen auch für den Uffenheimer Kreis in den Bundestag ein. Damals gehörte dieser Kreis zum Bundeswahlkreis Ansbach. Auf ihn folgte 1961 Georg Ehnes, der zuvor schon als Landtagsabgeordneter Teile des Kreises Uffenheim mit betreute gehabt hatte. Ab 1965 bildeten die Stadt Fürth und der Landkreis Fürth gemeinsam mit den Landkreisen Neustadt a.d. Aisch und Scheinfeld einen Wahlkreis; zeitweise vertrat Carl-Dieter Spranger Teile des Altlandkreises Uffenheim.
Dr. Werner Dollinger war von 1953 bis 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages, Bundesminister in verschiedenen Ressorts und hatte weitere vielfältige Funktionen in Staat und Partei inne, ebenso wie seit 1990 sein Nachfolger Christian Schmidt, der seit 2021 als Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina amitiert. Beide waren viele Jahre zum Beispiel auch stellvertretende Parteivorsitzende.
Seit Oktober 2021 ist Tobias Winkler direkt gewähltes Mitglied des 20. Deutschen Bundestags für den Bundeswahlkreis Fürth, welcher derzeit die Stadt Fürth und die Landkreise Fürth und Neustadt a.d. Aisch umfasst. Zuvor war er Leiter des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments in München, und damit wie Christian Schmidt auch auf internationalem Parkett zu Hause. In für die CSU schwieriger Zeit gewann Tobias Winkler auf Anhieb das Direktmandat mit 33,5 Prozent der Erststimmen.
Auch für die Einteilung Bayerns in Stimmkreise gab es immer wieder neue Zuschnitte. Im Folgenden werden nur einige Beispiele genannt:
Im späteren Stimmkreis mit dem Landkreis Fürth hatte Georg Krauss (Langenzenn) das Landtagsmandat inne, bis 1970 Hans Tauber (Obermichelbach) gewählt wurde. Ihm folgte 1986 Günter Gabsteiger (Cadolzburg), bis 2008 Mitglied des Bayerischen Landtags.
Am 1. Dezember 1946 wurde im Stimmkreis Neustadt a.d. Aisch / Rothenburg Hans Centmayr gewählt, 1950 Baron Georg von und zu Franckenstein (MdL bis 1965). Konrad Frühwald war 1950-1958 und 1962-1970 Abgeordneter, zunächst für die Bayernpartei, später für die CSU. Im Stimmkreis Rothenburg–Stadt und –Land und Uffenheim wurde 1954 Dr. Paul Nerreter, einer der CSU-Gründer auf Landesebene, knapp in den Bayerischen Landtag gewählt. 1958 folgte ihm Georg Ehnes, bis er 1961 in den Bundestag wechselte.
Im dann neuen Stimmkreis Scheinfeld/Uffenheim/Rothenburg wurde 1962 Dr. Karl Hillermeier gewählt, der den Stimmkreis mit wechselndem Zuschnitt bis 1990 im Bayerischen Landtag vertrat. Bei allen sieben Wahlen erzielte er deutlich bessere Ergebnisse im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Er war viele Jahre Staatssekretär, Staatsminister und elf Jahre Stellvertreter der Ministerpräsidenten Dr. Alfons Goppel und Franz Josef Strauß, von 1972 bis 1989 war er auch Vorsitzender des CSU-Bezirksverbandes Mittelfranken.
Friedrich Loscher-Frühwald konnte dessen Arbeit als Listenabgeordneter bereits seit 1982 begleiten, 1990 wurde er dann direkt in den Landtag gewählt, bis ihm 2003 Hans Herold folgte. Von 2002 bis 2008 war zusätzlich über die Mittelfranken-Liste Christa Götz im Landtag.
38 Städte und Gemeinden mit derzeit mehr als 101.000 Einwohnern bilden den Landkreis Neustadt a.d. Aisch – Bad Windsheim, der durch die bayerische Gebietsreform 1972 aus den Altlandkreisen Neustadt/Aisch, Uffenheim und Scheinfeld gebildet wurde. Bei der ersten Kreistagswahl nach der Gebietsreform konnte die CSU 29 von 60 Sitzen erringen und Konrad Frühwald erzielte als Landrat 58,2 Prozent. Im neuen großen Landkreis Neustadt a.d. Aisch – Bad Windsheim wurde zunächst Konrad Frühwald (CSU) gewählt. Ihm folgte 1977 Robert Pfeiffer (CSU) folgte. Dessen Nachfolger wurde 1995 Adolf Schilling (CSU). 2002 konnte die CSU die Landratswahl nicht gewinnen, aber seit 2014 amtiert mit Helmut Weiß wieder ein CSU-Vertreter.
Im Altlandkreis Uffenheim waren 1945 erst Franz Fischer und dann Franz Burkhard von der amerikanischen Militärregierung eingesetzt worden, bevor im Mai 1946 Dr. Paul Nerreter (CSU) gewählt wurde. Ihm folgte 1948 Dr. Kopitsch und Josef Roman Eder (CSU), „Gründervater“ der Fernwasserversorgung Franken. 1964 gewann Ernst FALK mit Unterstützung von FDP und SPD und amtierte bis 1972.
Im Altlandkreis Scheinfeld waren 1945 erst Dr. Anton Dollinger, Dr. Wilhelm Glass und Andreas Wilmy ein- und jeweils kurz danach wieder abgesetzt. Im Dezember 1945 wurde Baron Georg von und zu Frackenstein (CSU) zunächst eingesetzt und im April 1946 vom Kreistag gewählt. Ihm folgte Hans Müller (CSU) von 1951-1972.
Im Altlandkreis Neustadt a.d. Aisch war 1946 Albrecht Hoefer eingesetzt worden, der anschließend auch gewählt wurde. 1948 folgte Heinrich Sperber (CSU) bis im Mai 1958 Konrad Frühwald gewählt wurde, der in den 1960er Jahren der CSU beitrat.
Oft unterschätzt, aber enorm wichtig: Die Arbeit im mittelfränkischen Bezirkstag. Die Repräsentanten der CSU:
Während Bad Windsheim um den Verlust von Ämtern und Behörden fürchtete („Gerechtigkeit für Bad Windsheim“) kämpfte 1976 die Gemeinde Diespeck um den Ortsteil Kleinerlbach (wo mit dem ‚Franken-Brunnen‘ ein bedeutender Gewerbesteuerzahler ansässig ist), der 1978 trotz vielfältiger Proteste dann doch der Stadt Neustadt zugeordnet wurde. In Neuhof a.d. Zenn ging es um den Verbleib im Großkreis und die Unabhängigkeit. Die Verschmelzung mit Wilhermsdorf war ebenso im Gespräch, wie eine Verwaltungsgemeinschaft mit Markt Erlbach). Der CSU und ihren Protagonisten ging es dabei stets um den Erhalt und Ausbau der Bürgernähe.
Da bei konträren Meinungen vorwiegend die CSU involviert war, kann von einer spannenden Zeit für die Partei gesprochen werden. Allein in den Jahren 1972 und 1973 gab es sieben Kreisdelegiertenversammlungen und 37 Kreiskonferenzen. Trotz aller Meinungsverschiedenheiten blieben Fairness und Konsensfähigkeit erhalten. Die Fähigkeit, Konflikte im Spannungsfeld zwischen Eigeninteressen und Loyalität auszutragen, zeichnete die CSU im Landkreis damals wie heute aus.
Beim Festempfang zum nachgeholten 75-jährigen Jubiläum am 2. November 2022 mit Generalsekretär Martin Huber meinte CSU-Kreisvorsitzender Dr. Christian von Dobschütz: „Die CSU ist vieles, nur nicht gewöhnlich“. Bei dieser Gelegenheit wurde MdL Hans Herold zum Ehren-Kreisvorsitzenden ernannt. Eine besondere Ehrung erhielt auch Erich Schuh, der mehr als 50 Jahre als Kreisschatzmeister fungierte, was wohl einmalig in Bayern sein dürfte.