Dr. Maria Probst (1902-1967)

von Ursula Männle

Sie wurde als teuerste Frau des Deutschen Bundestags bezeichnet und wahrscheinlich stimmt dies auch. Es handelt sich um Dr. Maria Probst, CSU-Bundestagsabgeordnete von 1949 bis 1967.
 

Dass sie einmal selbst Politik gestalten würde, entsprach nicht ihrem Lebensmodell einer Tochter aus gehobenen bürgerlichen Kreisen. 1902 in München als Maria Mayer geboren, die Eltern aus der Pfalz bzw. Lothringen stammend, wurde sie in Internaten erzogen, machte ihren Schulabschluss bei den Englischen Fräulein in Regensburg, die als erste das Abitur für Mädchen an der eigenen Schule anboten, und unterstützte danach ihren Vater, der nach seiner Tätigkeit als Reichstagsabgeordneter und Reichsminister in Berlin, als Botschafter in Frankreich wirkte. Nach dem Tod des Vaters 1923 studierte sie in Freiburg, Zürich und München Germanistik und Geschichte, absolvierte das Lehrerinnenexamen und promovierte. 1930 heiratete sie den Juristen und Landtagsabgeordneten der Bayerischen Volkspartei Dr. Alfred Probst. Die Herrschaft der NSDAP und der Zweite Weltkrieg zerstörten die typische Karriere einer höheren Tochter. Ihr Mann kam kurzzeitig in Schutzhaft und wurde strafversetzt, er fiel kurz vor Kriegsende im März 1945 in Danzig. Dr. Maria Probst lebte in den letzten Kriegsmonaten mit ihren beiden Töchtern in der Heimat ihres Mannes in Unterfranken.
 

Dr. Josef Müller, Gründungsmitglied und Parteivorsitzender, suchte nach dem Zusammenbruch zum Aufbau der CSU nach Dr. Alfred Probst und fand die Kriegerwitwe Dr. Maria Probst mit ihren zwei Töchtern. Er kannte sie aus der Vorkriegszeit durch die Kontakte in München und er überzeugte sie, in die politischen Fußstapfen ihres Mannes zu treten. „Weil ich so viel Not gesehen habe“, begründete sie später ihr politisches Engagement. In München arbeitete sie zunächst vorwiegend journalistisch und fiel durch ihren praktischen Einsatz zur Linderung des Elends auf. Sie organisierte alles, was zum Überleben notwendig war, überzeugte die amerikanische Besatzungsmacht und reiste bis nach Schweden, um Hilfe zu erhalten. Folgerichtig wurde sie bei der Landtagswahl 1946 als Kandidatin aufgestellt und gewählt, als eine der ersten vier Frauen im Parlament.
 

1949 zog sie für Unterfranken als einzige Frau der CSU in den Deutschen Bundestag ein. Dort setzte sie ihr praktisches soziales Engagement in der Gesetzgebung um. Am Herzen lagen ihr die Kriegsopfer, die Witwen und Waisen. Sie organisierte den Widerstand gegen die Pläne des Bundesarbeitsministers aus der eigenen Fraktion und erreichte die Verdoppelung der Leistungen bei der Kriegsopferversorgung. Deshalb der Satz – Bundeskanzler Konrad Adenauer zugeschrieben – von der teuersten Frau. Von den Bürgerinnen und Bürgern erhielt sie den Namen „Maria Hilf“, von den Behörden „Maria Heimsuchung“.
 

Unbeirrt ging sie ihren Weg. Insbesondere sprach sie die Frauen an, in ihnen sah sie die Zukunft Deutschlands und forderte sie auf, sich politisch zu bilden und zu engagieren. Unermüdlich organisierte sie Veranstaltungen, hielt im ganzen Land Vorträge, um die Frauen zu motivieren. Sie war Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft der Frauen der CSU. Doch darin erschöpfte sich ihre Arbeit nicht. Die Beziehungen zu Frankreich und den anderen europäischen Ländern sah sie als wichtiges Aufgabenfeld auch für die Frauen. So erhielt sie einen weiteren Spitznahmen: „Euro-Maria“. Sie wurde die erste Präsidentin einer Europäischen Frauen-Union. Der Deutsche Bundestag entsandte sie in das Europäische Parlament.
 

Sie wurde mehr als ein Ersatz für ihren gefallenen Mann: Eine eigenständige Politikerin, unermüdlich einsatzbereit, eine Frau mit Visionen für die Zukunft, gepaart mit Pragmatismus und Beharrlichkeit bei der Durchsetzung und Lösung der Probleme. Sie starb 1967 als erste Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und wurde im Münchner Westfriedhof beerdigt. Ein Staatsbegräbnis verweigerte der damalige Bundestagspräsident. Sie hätte es verdient.
 

 

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