Zwar stellte die Partei mit Fritz Schäffer und Richard Jaeger nur zwei Mal den Bundesjustizminister. Doch mit 16 bayerischen Justizministern, angefangen 1945 mit Hans Ehard, später Ministerpräsident, nahm die CSU entscheidenden Einfluss in Bayern und über zahlreiche Gesetzesinitiativen auch im Bund. Ehard, 1962 ein zweites Mal Justizminister, wollte 1948 den Einfluss Bayerns auf die künftige deutsche Verfassung stärken und lud zum Verfassungskonvent auf die Insel Herrenchiemsee. Dort setzte er über den Leiter seiner Staatskanzlei und Konventsleiter, Anton Pfeiffer, entscheidende Impulse für das neue Grundgesetz – insbesondere bei den föderalen Elementen. Doch diese wurden nur zum Teil übernommen. Deshalb musste Ehard seinen Rücktritt androhen, damit die CSU trotz der Ablehnung des Grundgesetzes durch Bayern dessen Geltung im Freistaat dennoch anerkannte.
Rechtspolitik ist stets im Fluss und muss sich ständig auf neue Herausforderungen einstellen. Nicht nur bayerische Gesetze, auch viele wichtige Bundesgesetze gingen auf Initiativen oder Mitwirkung der CSU zurück: Darunter der Lastenausgleich für Vertriebene 1952, die dynamische Altersrente 1957, zahlreiche Arbeitsgesetze wie das Montan-Mitbestimmungsgesetz 1951, das Sozialhilfegesetz 1961 oder die Handwerksordnung 1953. „In den 70er Jahren, im Gefolge der Renaissance des marxistischen Gedankenguts und der politischen Träumereien über einen demokratischen Sozialismus, geriet das Konzept der freiheitlichen Ordnung bei uns in ernsthafte Gefahr“, schrieb 1995 Theo Waigel. Und damit auch der Rechtsstaat. Die CSU stellte sich diesem neuen Zeitgeist und auch dem linksextremen Terror der RAF entgegen. Sie trug 1968 die Notstandsgesetze sowie die Anti-Terror-Gesetze der 70er- und 80er-Jahre mit.
Im Urteil zur 1973 vom Freistaat angestrengten Normenkontrollklage gegen den „Grundlagenvertrag“ mit der DDR setzte das Bundesverfassungsgericht dem SPD-Kanzler Willy Brandt enge Grenzen. Das Gericht verbot die offizielle Anerkennung der DDR und damit der Teilung Deutschlands, womit große Teile der SPD damals wenig Probleme gehabt hätten. Wichtig war auch der Urteilssatz, dass es nur eine deutsche Staatsbürgerschaft gebe. Dies und die Beitrittsmöglichkeit der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Artikel 23 erleichterte später die Wiedervereinigung.
Mit Mathilde Berghofer-Weichner stellte die CSU 1986 nicht nur die erste Justizministerin in Bayern, sondern auch die erste weibliche Staatsministerin überhaupt. Sie erhielt später für ihren harten Kurs die Spitznamen „schwarze Mathilde“ und „Eiserne Lady“.
Beinahe zum Bruch mit der Schwesterpartei CDU führte ab 2015 die Diskussion um die Zuwanderung. Der damalige CSU-Chef Horst Seehofer sprach in der Passauer Neuen Presse (10.2.2016) sogar von der „Herrschaft des Unrechts“, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel keine Begrenzung der Zuwanderung wollte. Nach Meinung der Staatsregierung und des von ihr beauftragten Verfassungsrechtlers Udo Di Fabio war die Bundesregierung verpflichtet, die deutsche Grenze zu schützen. Dass
Migranten weiter ohne gültige Dokumente ungehindert ins Land einreisen durften, war demnach ein andauernder Rechtsverstoß. Der CSU-Vorsitzende drohte mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht. Grenzschützende Maßnahmen anderer Staaten, später auch ein Deal mit der Türkei, entschärften schließlich die Lage. Obendrein wurden viele von der CSU geforderte Gesetzesänderungen etwa für beschleunigte Asylverfahren, sichere Herkunftsstaaten und verbesserte Bedingungen für Abschiebungen still und leise umgesetzt.
Besonders bei der Fortentwicklung des Strafrechts war die CSU federführend, und das nicht nur durch Strafverschärfungen. Auf ihr Betreiben oder unter ihrer Mitwirkung wurden neue Paragraphen geschaffen, zuletzt etwa die Ausweitung der Sicherungsverwahrung, die Möglichkeit elektronischer Fußfesseln, die Tatbestände für Internetkriminalität oder bei der Strafrechtsreform 2016 der Tatbestand der sexuellen Übergriffe aus Gruppen heraus.
Die heftigsten Debatten gab es über Jahrzehnte bei den Regelungen zum Schutz des ungeborenen Lebens in §218 StGB, die für die christliche Grundhaltung der CSU von entscheidender Bedeutung waren. Aber auch Diskussionen um den großen Lauschangriff, Kronzeugenregelung, DNA-Analyse, Verkehrsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung, das Jugendstrafrecht, das Verbot von Burkas, Kinder- und Zwangsehen leben bis in die heutige Zeit immer wieder auf. Der Grundsatz der CSU war dabei stets: „Opferschutz vor Täterschutz“.
Die Grundzüge der 1877 eingeführten Gerichtsverfassung blieben in Bayern auch nach dem Krieg bestehen. Lediglich das Bayerische Oberste Landesgericht wurde 2006 im Zuge von Sparmaßnahmen aufgehoben, aber 2018 auf Betreiben von Ministerpräsident Markus Söder wieder eingeführt, „um die Eigenständigkeit der bayerischen Justiz zu stärken“ (Regierungserklärung vom April 2018). Seit den 1950er-Jahren wurde die Zahl der Amtsgerichte reduziert, zuletzt durch die Landkreisreform 1972. Bestanden 1950 noch 209 Amtsgerichte und 37 Zweigstellen, wurde ihre Anzahl auf heute 73 und sieben Zweigstellen vermindert. Die Zahl der Landgerichte liegt bei 22, die der Oberlandesgerichte bei drei.
Bayern investiert wie kein anderes Bundesland Jahr für Jahr in seine Justiz. Seit 2013 wurden mehr als 2.000 neue Stellen für Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzug geschaffen. Über 400 Millionen Euro wurden zudem in den letzten vier Jahren in Gebäude und Infrastruktur der bayerischen Justiz investiert.
„Recht bringt Sicherheit, Recht schafft Freiheit, Recht sichert Wohlstand“, so steht es auf der Webseite des Bayerischen Justizministeriums: „Bei uns in Bayern werden Straftäter mit Nachdruck verfolgt, schnell vor Gericht gebracht, konsequent bestraft und bestmöglich resozialisiert.“ Laut einer Freiburger Max-Planck-Studie unter Leitung von Volker Grundies hat der Freistaat die härtesten Richter. Quer durch alle Delikte werden danach im Schnitt um 24 Prozent oder 3,9 Monate höhere Strafen als im Bundesschnitt verhängt. „Für die Polizei ist das aber sehr wichtig, damit nicht der Eindruck entsteht, sie habe ihre Arbeit umsonst gemacht“, erklärte Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä in der FAZ (vom 2.4.2019). Sogar Kriminelle wissen das, wie der Focus in seinem Artikel „Recht und Unordnung“ (vom 2.6.2018) über eine Abhöraktion berichtete: Den Vorschlag eines Diebesbandenmitglieds, auch in München zu klauen, habe ein anderer mit den Worten abgelehnt: „Bist du wahnsinnig? Wenn die dich schnappen, fährst du dort sofort ein.“ Seit Jahren belegt die bayerische Justiz in bundesweiten Vergleichen außerdem Spitzenplätze in puncto Schnelligkeit und Effizienz. Zudem sorgt ein Entbürokratisierungsbeauftragter dafür, dass Gesetzbücher in Bayern entschlackt und vereinfacht werden.
In den Anfangsjahren der EG waren es in der CSU vor allem Josef Müller und Franz Josef Strauß, die eine gemeinsame Rechtsbasis und ein Wertefundament für Europa unterstützten. Viele europäische Verträge später ist eine Rechtsgemeinschaft mit eigenen Gerichtshöfen entstanden, die mittlerweile den Hauptteil der neuen Gesetze und der Rechtsprechung auch für Deutschland vorgeben. Die CSU sieht den starken Brüsseler Zentralismus und seine Regelungswut bis in kleinste Details mit wenig Freude. Über die bayerische Vertretung in Brüssel versucht man deshalb, Einfluss noch vor Erlass neuer EU-Regeln zu nehmen.
Für jede neue Regel soll mindestens eine alte gestrichen werden, so die Forderung im CSU/CDU-Europawahlprogramm 2019. Für die europäische Rechtsetzung tritt die CSU heute für mehr Subsidiarität und weniger Bürokratie ein. Sie fordert, dass die EU in den Dingen zurücksteht, die die Staaten und Regionen besser selbst regeln können.
Hanns-Seidel-Stiftung (Hrsg.), Geschichte einer Volkspartei. 50 Jahre CSU, Grünwald 1995, darin: Christoph Henzler, Die Christlich-Soziale Union in den ersten Nachkriegsjahren, S. 109-161; Theo Waigel, Die geistigen Grundlagen der Christlich-Sozialen Union, S. 15-68.
Regionale Unterschiede in der gerichtlichen Sanktionspraxis in der Bundesrepublik Deutschland. Eine empirische Analyse von Volker Grundies, 28.8.2019.