Ohne Sicherheit keine Freiheit

Andreas von Delhaes-Guenther

Der Freistaat Bayern startete mit einem Kapitalverbrechen: dem Mord am ersten Ministerpräsidenten Kurt Eisner 1919, der am 8. November 1918 den Freistaat ausgerufen hatte. Sicherheit war stets ein Thema. Nur in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg waren die drängenden innenpolitischen Probleme der Zeit andere: Wiederaufbau, Versorgung mit Lebensmitteln und Wohnraum sowie Eingliederung der Vertriebenen. Tatsächlich war aber die Kriminalität so hoch, dass die US-Militärregierung gezwungen war, bereits am 29. Juni 1945 die aufgelöste Bayerische Polizei wieder zuzulassen.

Einige der Gründungsväter der CSU waren selbst Opfer des NS-Polizeistaates, zum Teil sogar in den Konzentrationslagern inhaftiert. Ihre Erfahrungen mündeten in den „30 Punkten“ der Union und dem ersten Grundsatzprogramm von 1946 jeweils in Artikel 1 in Formulierungen „gegen die Vergottung des Staates“ sowie den Kampf gegen „Staatsallmacht“. Dort heißt es: „Nur in einer Ordnung, die von christlichem Geist beseelt ist, wird allgemeine Sicherheit, bleibender Wohlstand und Fortschritt verwirklicht.“ Aus diesem christlichen Wertefundament resultierte auch die besondere Bedeutung der Freiheit, die der Staat zu verteidigen hat. Dabei ging es für die CSU nie um schrankenlose Freiheit, sondern um eine im Rahmen der Gesetze.

Als Reaktion auf die heftigen „Schwabinger Krawalle“, die auf die vorläufige Festnahme von fünf Straßenmusikern folgten, wurde 1962 die erste Deeskalationsstrategie für die Polizei entwickelt. Bei den Krawallen dabei: ... der spätere RAF-Anführer Andreas Baader, ein Münchner, Anführer des linksextremen Terrors. 1976 hieß es folgerichtig im CSU-Grundsatzprogramm: „Nur eine wehrhafte Demokratie und ein wehrhafter Staat werden sich behaupten können.“ Die CSU verschrieb sich dem entschiedenen Kampf gegen Extremismus jeder Art. Der auch nötig war. 1980 erschütterte das Oktoberfestattentat, verübt von einem Rechtsextremen, den Freistaat. Auch die RAF schlug weiter in Bayern zu: 1985 wurde MTU-Chef Ernst Zimmermann in Gauting erschossen, Siemens-Vorstand Karl Heinz Beckurts und sein Fahrer starben 1986 in Straßlach durch eine Bombe. 2001 nach den 9/11-Anschlägen in den USA sowie Anschlägen 2016 in Ansbach und Würzburg rückte der Islamismus in den Fokus.

Markenkern der CSU

Da für die Polizei hauptsächlich die Länder zuständig sind, wurde die Innere Sicherheit zu einem Markenkern der CSU. „Nur in einer sicheren Gesellschaft kann ein Leben in Freiheit stattfinden“, so etwa der Bayernplan 2013. Die CSU stellte mit Hermann Höcherl, Friedrich Zimmermann, Hans-Peter Friedrich und Horst Seehofer vier Bundesinnenminister. Von 1945 bis 1947 und seit 1958 kamen die bayerischen Innenminister ausnahmslos von der CSU, darunter mit Alfons Goppel, Edmund Stoiber und Günther Beckstein drei spätere Ministerpräsidenten. Die Partei entwickelte ein erfolgreiches Rezept für die Innere Sicherheit, wie zuletzt im Grundsatzprogramm von 2016 dargelegt:

„- Wir gewähren null Toleranz bei Rechtsverstößen und Gewalt. (...) Recht und Ordnung sind konsequent durchzusetzen. Eine Bagatellisierung von Straftaten darf nicht sein.
- Kennzeichen unserer Innenpolitik ist eine robuste bayerische Sicherheitsarchitektur: Die Stärke und Kompetenz unserer Sicherheitsbehörden sorgt für Deeskalation.
- Wir geben unseren Sicherheitsbehörden einen starken Rückhalt in Politik und Gesellschaft.
- Sicherheit braucht die beste Ausstattung und geeignete rechtliche Befugnisse.“

Spitzenreiter Bayern

„Bayern ist unangenehm für die Sicherheitspolitiker im Rest der Republik. Sie können sich recken und strecken wie sie wollen, wenn das Bundesinnenministerium alljährlich seinen Ländervergleich zur inneren Sicherheit vorstellt, liegt auf Platz eins doch wieder der bayerische Musterknabe“, schrieb die Zeitung „Die Welt“ (vom 5.4.2017). In der Tat gab es 2019 im Freistaat die niedrigste Kriminalitätsbelastung seit 40 Jahren und zugleich die höchste Aufklärungsquote seit 25 Jahren. Bei der Kriminalitätsbelastung pro 100.000 Einwohner erzielt der Freistaat mit nur 4.615 Straftaten den Bestwert, Schlusslicht ist Berlin mit 14.086. Das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, ist in Berlin also mehr als dreimal so hoch. Dagegen gilt München mit 6.469 Straftaten je 100.000 Einwohner als sicherste Millionenstadt Deutschlands. Auf Platz drei der sichersten deutschen Großstädte liegt Augsburg, auf Platz sieben Nürnberg. Die bayerische Aufklärungsquote ist mit 67,0 Prozent die höchste bundesweit, ganz hinten Berlin mit nur 44,7 Prozent.

Bayern hat mit 43.500 Stellen die bundesweit höchste Zahl an Polizeibeamten. In Niedersachsen, dem flächenmäßig zweitgrößten Bundesland, sind es nur 22.500. Hinzu kommt der Landesverfassungsschutz in Bayern mit 550 Mitarbeitern und die 1994 gegründete, ehrenamtliche Sicherheitswacht mit rund 1.100 Mitarbeitern.

Kritiker ohne Argumente

Kritiker griffen die konsequente CSU-Sicherheitspolitik immer wieder als überzogen an. Aber gerade der Vergleich mit links regierten Bundesländern beweist den Erfolg dieser Politik. Dies nur auf das Engagement der Polizisten zu schieben, wie es SPD-Spitzenkandidat Christian Ude 2013 im Landtagswahlkampf tat, greift zu kurz. Warum sollten bayerische Polizisten so viel engagierter sein als ihre Kollegen? Näherliegende Ursache ist die Null-Toleranz-Linie. Dass die CSU diese durchsetzt, machte der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä 2019 deutlich: „Es gibt also für die Polizei auch klare Zielvorgaben aus der Politik. Das fängt schon bei der Rauschgiftkriminalität an: Wir verfolgen alle Delikte konsequent.“ Und weiter mit Blick auf Berlin: „Es gibt bei uns in Bayern kein Haus, das seit 20 Jahren besetzt ist“ (FAZ vom 2.4.2019).

Innenminister Joachim Herrmann erklärte: „In Bayern halten wir es für selbstverständlich, dass auch Repression präventiv wirkt. Das gehört zum kleinen Einmaleins der Kriminologie“ (Die Welt vom 5.4.2017). Bayern setzt auf Deeskalation durch Stärke, wie beim weitgehend friedlichen G7-Gipfel im bayerischen Elmau 2015. Kein Vergleich zu anderen Gipfeln wie Hamburg 2017 mit gewalttätigen linksextremen Krawallen. Undenkbar auch eine Situation wie in Berlin, wo ein Clan-Chef in einer Polizeikontrolle äußerte: „Was wollt ihr machen? Uns passiert doch eh nichts“ (Focus vom 5.2.2020). Härte gilt im Freistaat auch für ausländische Straftäter, die Bayern nach Haftverbüßung schnellstmöglich ausweist. „Wir dulden keine rechtsfreien Räume, gehen gegen Kriminalität jeglicher Art konsequent vor, setzen auf gezielte Kriminalprävention und reagieren unverzüglich auf neue Entwicklungen“, so Innenminister Herrmann bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2019.

Rückendeckung für die Polizei

Wichtig für die Polizei war auch die Rückendeckung durch die CSU, wie beim „Münchner Kessel“ für Demonstranten gegen den G7-Gipfel von 1992. „Wenn einer glaubt, er muss sich mit Bayern anlegen, er muss stören, der muss wissen, dass wir auch etwas härter hinlangen können. Auch das ist bayerische Art“, so Ministerpräsident Max Streibl einen Tag später. 90 Festgenommene, darunter die RAF-Aktivistin Ingrid Barabass, waren wegen früherer Delikte bereits aktenkundig. Schon 1986 hatte Franz-Josef Strauß auf dem CDU-Parteitag den Kritikern entgegengehalten: „Ich verstehe beim besten Willen wirklich nicht, warum Forderungen nach Verbesserung der Rechtsgrundlagen und nach Präzisierung der Fahndungsmethoden antiliberale Forderungen sein sollen. (...) Freiheit, Gesundheit, Leben und ehrliches Eigentum des Bürgers haben allemal noch den Vorrang vor Nachgiebigkeit gegenüber den unbefriedigten Trieben chaotischer Gewalttäter und Gesellschaftsveränderer.“

Stets unterstützte die CSU die Polizei durch Gesetzesinitiativen sowie durch den frühen Einsatz innovativer Methoden und Mittel, darunter DNA- und Fingerabdruckdatenbanken, Profiler, Digitalfunk, Videoüberwachung, Einbruchsprognosesoftware, Personenabfrage-Apps und mobile Fingerabdruck-Scanner für Polizisten – zum Teil Eigenentwicklungen des Landeskriminalamts, das eine Forschungsabteilung unterhält. Die elektronische Datenverarbeitung begann bereits 1965 bei der Stadtpolizei Nürnberg mit dem damaligen Chef Horst Herold, der später als BKA-Präsident die Rasterfahndung entwickelte. Die Schleierfahndung, erfunden 1995 vom Leiter der Polizeidirektion Aschaffenburg, Gosbert Dölger, wurde auf Initiative der CSU im selben Jahr in das Polizeiaufgabengesetz (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG) aufgenommen.

Auch aus Fehlern zog man Lehren. Nach einer blutig beendeten Geiselnahme in einer Bank in München 1971 sowie dem Olympia-Massaker 1972 wurden die Sondereinsatzkommandos (SEK) gegründet. Es folgten 1987 nach den Demonstrationen um die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf die Unterstützungskommandos der Bereitschaftspolizei. Die Bayerische Grenzpolizei, 1998 aufgelöst, wurde 2018 wieder eingeführt, als Reaktion auf die Zuwanderung.

Das alles hat Folgen: Während in Berlin im Jahr 2018 Polizisten im Schnitt 49,5 Tage krank fehlten, waren es in Bayern rund 14. Und in Bayern bewerben sich bei der Polizei fünfmal so viele Interessenten, wie es Stellen gibt. Manchmal allerdings hinkte man auch hinterher: Als letztes Bundesland ließ Bayern 1990 Frauen in der Schutzpolizei zu.

Es werden aber auch der Katastrophenschutz, Feuerwehren, Rettungsdienste, THW und Hilfsorganisationen gefördert und unterstützt. Kein anderes Bundesland hat eine ähnlich hohe Zahl an Ehrenamtlichen. Am Ende spielen auch Gesellschaft, Bildung, Arbeitsmarkt und Wohlstand für die Innere Sicherheit eine wichtige Rolle. Doch das ist ein anderes Thema.