Volksentscheide 2003 - Wer bestellt, der zahlt!

 

Während die CSU bei der Landtagswahl am 21. September 2003 als erste Partei in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in einem Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht, stimmen die Wähler in Bayern gleichzeitig durch zwei Volksentscheide über mehrere Änderungen in der Bayerischen Verfassung ab.

Bayerischer Landtag, Konnexitätsprinzip

Der erste Volksentscheid beinhaltet drei neue Regelungen. So wird der Zeitraum, innerhalb dem sich der neu gewählte Landtag konstituieren muss, von den bisher üblichen 15 auf nun 22 Tage ausgedehnt. Zurückzuführen ist dies darauf, dass die bisherige Zeitspanne für die Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses und der fristgerechten Ladung der gewählten Abgeordneten nicht ausreichend ist.

Mit der zweiten Änderung werden die Informationsrechte des Parlaments gegenüber der Regierung gefestigt. Die bisher gängige, aber nur gewohnheitsrechtliche Praxis der Staatsregierung, das Parlament über regierungsspezifische Themen zu informieren, wird nun durch die Aufnahme eines entsprechenden Passus auf eine verfassungsrechtliche Basis gestellt, nachdem kurz vor der Wahl mit dem Parlamentsinformationsgesetz bereits die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen wurden.

Die bedeutendste, in der Öffentlichkeit am meisten beachtete Veränderung besteht in der für die Kommunen besonders günstigen Anwendung des Konnexitätsprinzips. Nach dem Motto „Wer bestellt, der zahlt!“ ist nun der Freistaat Bayern auch für die Finanzierung der Aufgaben und Vorgaben zuständig, die er Kommunen stellt.

Passives Wahlrecht, Rechte von Kindern und Jugendlichen

Der zweite Volksentscheid geht mit einer Neureglementierung des passiven Wahlrechts einher. Das passive Wahlrecht wird von 21 auf 18 Jahre gesenkt, sodass sich künftig Kandidaten ab 18 Jahren zur Wahl aufstellen lassen können. Da das passive Wahlrecht nicht Teil der Verfassung ist, handelt es sich hierbei um den einzigen Punkt in beiden Volksentscheiden, der zu keiner Änderung der Verfassung führt.

Darüber hinaus werden die Rechte von Kindern und Jugendlichen gestärkt, indem folgender Abschnitt mit in die Bayerische Verfassung aufgenommen wird:

„Kinder und Jugendliche sind durch staatliche und gemeindliche Maßnahmen und Einrichtungen gegen Ausbeutung sowie gegen sittliche, geistige und körperliche Verwahrlosung und gegen Misshandlung zu schützen.“ (Art. 126)

Auch der Titel „Ehe und Familie“ des entsprechenden Abschnitts im dritten Hauptteil der Bayerischen Verfassung wird zu „Ehe, Familie und Kinder“ umformuliert. Im Artikel 100 wird zudem der Begriff „Menschenwürde“ integriert. Dieser Artikel ist nun identisch mit dem Absatz 1 des ersten Artikels im Grundgesetz.

Annahme der Volksentscheide

Beide Volksentscheide werden mit großer Mehrheit angenommen: So votieren beim ersten Volksentscheid 88,3 Prozent dafür. Der zweite Volksentscheid wird von 85,2 Prozent der Wähler bejaht.