12.10.2021
In der amerikanischen Besatzungszone war ab dem 27. August 1945 die Bildung und Beteiligung von Parteien im regionalen Bereich der Städte und Landkreise erlaubt. Die CSU konnte weder an Organisationsstrukturen noch an Parteiprogramme anknüpfen, bei den regionalen und unabhängig voneinander stattfindenden Gründungen stimmten jedoch die weltanschaulichen Grundgedanken im Wesentlichen überein. Es fanden Persönlichkeiten zusammen, die eine Partei als Vereinigung aller christlichen und demokratischen Kräfte anstrebten.
Schon am 8. Juli 1945 trafen sich der Oberfranke Dr. Josef Müller („Ochsensepp“), der dann vom Dezember 1945 bis Mai 1949 Landesvorsitzender war, und der Unterfranke Adam Stegerwald im mittelfränkischen Rothenburg ob der Tauber. Die „Rothenburger Gespräche“ galten letztlich als „geistige Geburtsstunde“ der CSU insgesamt. Bei einer örtlichen Parteigründung vom 14. August 1945 in München wurde der Name „Christlich-Soziale Union“ kreiert und am 13. Oktober konstituierte sich die CSU bereits in Nürnberg.
Die offizielle Gründung als eigenständiger Bezirksverband Mittelfranken fand wohl erst in 1946 statt. Nach der Parteigründung in Nürnberg am 13. Oktober 1945 wurde in ganz Mittelfranken, also außerhalb des Nürnberger Stadtgebietes, um Mitglieder geworben. Anlass und Hintergrund waren auch die für 27. Januar 1946 angesetzten ersten Gemeindewahlen in den Landkreisen. Am 1. Dezember 1946 standen schließlich auch die Landtagswahlen an. Die Anfänge auf Orts- und Kreisebene lagen also schon im Herbst 1945, wo über Gründungen zum Beispiel aus dem Landkreis Höchstadt/Aisch berichtet wird. Mit der „Ortsgemeinschaft Altenfurt“, die bereits am 10. Dezember 1945 25 Mitglieder umfasste, wird der erste Erfolg im Nürnberger Land dokumentiert. Die Gründung des Kreisverbandes Nürnberger Land fand erst am 12. Mai 1946 in Altdorf statt, zum ersten Vorsitzenden dort wurde Anton Schneider gewählt.
Aufgrund der engen Verknüpfung der beiden Bezirksverbände Nürnberg-Fürth und Mittelfranken kam es in der Anfangszeit zu personellen und organisatorischen Überschneidungen. So waren zunächst Dr. Wilhelm Arnold und Dr. Paul Nerreter erste und zweite Vorsitzende beider Bezirksverbände. Im September 1946 wählte dann die Bezirksversammlung des Bezirksverbandes Mittelfranken Karl Sigmund Mayr und Georg Stücklen zu ihren Vorsitzenden. In der Folge gab es immer wieder Neuabgrenzungen. Das Nürnberger Land war zunächst der Großstadt Nürnberg zugeordnet, der entsprechende CSU-Kreisverband kam dann aber nach der Gebietsreform 1972 zum Bezirksverband Mittelfranken. Später wurde der Kreisverband Schwabach umgekehrt wieder dem Bezirksverband Nürnberg-Fürth zugeordnet, der sich dann auch den Namen „Nürnberg-Fürth-Schwabach“ gab.
Auch die Regierungsbezirke wurden 1972 neu geordnet. So gehörten die Stadt und der frühere Landkreis Eichstätt einst zu Mittelfranken (jetzt Oberbayern), hinzu kamen im Gegenzug große Teile des Landkreises Höchstadt, früher Oberfranken. Die Mitgliederzahl im Bezirksverband entwickelte sich erfreulich. Im Dezember 1946 zählte die CSU im Bezirksverband Mittelfranken (ohne Nürnberg-Fürth) 3.507 Mitglieder, im Dezember 1947 waren es dann 3.815 und 1978 stolze 11.539, organisatorische Umgruppierungen sind dabei nicht berücksichtigt. Im Juli 2021 zählt die CSU im Bezirksverband 9.438 Mitglieder.
Am 27. Januar 1946 sowie im April 1946 fanden die ersten Kommunalwahlen, am 30.6.1946 die Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung, am 1. Dezember 1946 die Wahl zum ersten Bayerischen Landtag, gleichzeitig mit dem Volksentscheid über die bayerische Verfassung, statt. Die erste Bundestagswahl wurde am 14. August 1949, die erste Wahl zum mittelfränkischen Bezirkstag am 28. November 1954 und die ersten Wahlen zum Europäischen Parlament am 10. Juni 1979 durchgeführt. Eine organisatorische Herausforderung für die Partei waren und sind dabei die immer wieder neu eingeteilten Wahl- und Stimmkreise mit überschneidenden Zuständigkeiten der Bezirksverbände Nürnberg-Fürth(-Schwabach) und Mittelfranken. Auch die gemeinsame Listenaufstellung für die Landtags- und Bezirkstagswahlen wurden und werden gut gemeistert, Differenzen hinsichtlich der Platzierung waren selten.
In Mittelfranken gibt es eine breite Beteiligung der Mitglieder an der politisch-inhaltlichen Arbeit. Es gab frühzeitig einen „Mittelfranken-Plan“, das bayernweit erste Umweltprogramm und immer wieder aktualisierte Konzepte zum Ausbau des Öffentlichen wie auch des Individualverkehrs. Kooperation und Innovation statt Verbote, das war für die CSU in Mittelfranken schon immer wichtig, nicht nur bei der Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz.
Konservativ heißt für die Union auch, an der Spitze des Fortschritts zu stehen. Dabei ist für die CSU der konservative Fortschrittsgedanke ohne die ethische Komponente nicht denkbar. Es galt und gilt stets, vermeintliche Gegensätze zu vereinen: Heimat und Weltoffenheit, Tradition und Moderne, Fortschritt und Nachhaltigkeit. So ist es selbstverständlich, stets den Ausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu suchen, ebenso zwischen Stadt und Land sowie zwischen Ökologie und Ökonomie. Da bei gilt es, die Gesellschaft zusammenzuhalten und für wirtschaftliche und soziale Ausgewogenheit zu sorgen. Als beispielhaft darf wohl das Fränkische Seenland gelten, angestoßen vom CSU-Politiker Ernst Lechner, umgesetzt und unter CSU-Verantwortung immer wieder weiterentwickelt. Es gilt als das größte wasserbauliche Projekt Europas. Der Hauptgrund für den Bau des Fränkischen Seenlandes war ein wasserwirtschaftlicher: Mit den Stauseen wollte die Staatsregierung dem regenarmen Norden Bayerns mehr Wasser zuführen, gleichzeitig sollten Altmühlsee und Brombachsee die einst verheerenden Hochwasser der Altmühl auffangen. Bleibende Aufgaben sieht die CSU Mittelfranken im Ausbau des Gesundheitswesens, im Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, in der Pflege von Naherholung und Kultur (Naturpark Frankenhöhe, Freilandmuseum Bad Windsheim, …) und in vielem mehr. Es gilt, die Attraktivität einer großartigen Region weiter auszubauen.
Bei dem Versuch, nach der Wiedervereinigung mit der DSU eine Alternative zu den ehemaligen „Blockparteien“ zu etablieren, war der Bezirksverband mit der Partnerschaft zu Sachsen/Anhalt und der Abordnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in das gesamte Gebiet der ehemaligen DDR Vorreiter und Impulsgeber. Auf Initiative des damaligen Bezirksvorsitzender Carl-Dieter Spranger hat die CSU bereits im November 1989 in Magdeburg Kontakt mit Gruppen und Personen aufgenommen, die gegen das Unrechtsregime opponierten.
Moderne und kreative Veranstaltungsformate und Wahlkampfaktionen waren und sind in Mittelfranken ebenso zuhause, wie der Auf- und Ausbau schlagkräftiger Strukturen. Beispiele: Das Drei-Franken-Treffen, Regionaltage mit Schwaben und Baden-Württemberg und neuerdings Videokonferenzen unterschiedlichster Art. Unabhängig davon ist die CSU mit ihren Mitgliedern, den Kreis- und Ortsverbänden, den Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreisen in jeder Gemeinde so präsent wie keine andere politische Kraft. Das Ziel ist, Deutschland weiter voranzubringen, die Heimat zu bewahren, die Umwelt zu schützen, neue Chancen zu schaffen und damit die Zukunft zu gewinnen.
Zusätzlich zu den genannten Bezirksvorsitzenden kamen und kommen aus dem Gebiet des Bezirksverbandes Mittelfranken zahlreiche Persönlichkeiten, die die CSU und die Politik in Franken, Bayern, Deutschland und Europa entscheidend mitgeprägt haben und noch heute prägen, die aktiv und maßgeblich an politischen Grundsätzen wie an der „Tagespolitik“ beteiligt sind. Das gilt bereits für die Verfassunggebende Landesversammlung von 1946 als auch für den Parlamentarischen Rat, die „Mütter und Väter“ des Grundgesetzes, welchem Karl Sigmund Mayr angehörte.
Prägend waren und sind Mittelfranken im Europäischen Parlament, in Bundes- und Staatsregierungen, in Fraktionen, bei der Hanns-Seidel-Stiftung, aber auch bei administrativen Führungsaufgaben in der Staatskanzlei oder auch der CSU-Landesleitung, wie beispielsweise der derzeitige Bezirksvorsitzende Joachim Herrmann als stellvertretender Generalsekretär in 1997 und 1998.
Federführend war die mittelfränkische CSU auch bei der Hilfe für den kommunalen und demokratischen Aufbau in den neuen Ländern nach dem Ende des Unrechtsregimes DDR und der Wiedervereinigung.
Nachstehend sind nur einige Persönlichkeiten genannt, eine vollzählige Aufzählung würde den Rahmen sprengen.
Heinz-Werner Stuiber, Die CSU in Nürnberg/Fürth – zur Geschichte des Bezirksverbandes 1945-1983, Nürnberg, 1983.
Dr. Oscar Schneider, Vertrauen und Verantwortung – 60 Jahre CSU-Bezirksverband Nürnberg-Fürth-Schwabach (1945-2005), Nürnberg, 2006.
CSU-Landesleitung (Hrsg.), 50 Jahre CSU – Geschichte, München. o.J.
Dr. Renate Höpfinger (Hrsg.), 75 "Enthüllungen über eine Partei": was Sie über die CSU wissen sollten, München, 2020.
Geschäftsberichte der CSU-Mittelfranken, o.J.